A, B und C bei Oskar Lafontaine
Entschuldigung für die lange Zeit ohne Nachricht von mir. Ich befinde mich weiterhin in der Vorbereitung auf das Examen und musste das Lernen nach der hektischen WM Zeit und Cs gräßlichem Umzug wieder intensivieren.
Am Freitag jedoch ist etwas unerhörtes passiert und ich habe das Bedürfnis jetzt darüber - bevor es bei mir begraben liegt - in einem größeren Zusammenhang zu berichten. Vorausschicken möchte ich, so wie es heute Usus ist, dass ich mir keiner Schuld bewusst bin:
Ich war bei Oskar Lafontaine.
Wie Sie sicher wissen ist in Berlin momentan der Wahlkampf in vollem Gange. Mein Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf gemeinsam mit der JU beschloss, vor der UFA Fabrik, in der Herr Lafontaine sprechen sollte, eine Gegendemonstration zu initiieren. Ich mache mir nichts aus nichtiger Provinzpolitik, musste aber anwesend sein, um mir die Chance auf einen raschen Aufstieg bei meinen Parteifreunden nicht zu verbauen. Ich nahm B und C mit, die für Pappschilderprotest und solchen Blödsinn leicht zu begeistern sind. Mich interessiert freilich der versammlungsrechtliche Aspekt mehr. Vor Ort erreichte ich - nach Verhandlung mit dem zuständigen Kontaktbereichsbeamten - dass wir uns direkt auf dem Bürgersteig gegenüber der UFA Fabrik aufstellen durften. Es ergingen keine Auflagen. Ich sage immer, dass eine gesittete Versammlung nicht durch Blockieren der Straße den Wirtschaftsstandort gefährden darf. Derweil malten B und C Schilder: "Investoren locken, statt schocken". Wenigstens etwas haben die beiden begriffen.
Mir wurde jedoch alles schnell zu bunt. Die Linken hörten nicht, sondern immer mehr strömten auf das Gelände und in den Saal, in dem Herr Lafontaine sprechen sollte. Ich ließ B und C und meine Kameraden mit ihren Zeugs zurück und beschloss, mich zwecks effektiveren Protests in die Veranstaltung zu schleichen. Ich trug - wie üblich - Oberhemd und Pullunder, weshalb ich einem Penner vor der UFA Fabrik für 5 Euro die schäbige Jacke abkaufte, um mich zu tarnen. Vielleicht wars auch einer der Linken. Man kann bei denen manchmal nicht zwischen Penner und politischem Aktivist differenzieren. Mit der Jacke, die furchtbar roch, erreichte ich schnellen Einlass. Allseits wurde mir freundlich zugenickt, als hätte ich ein spezielles Parfum an mir. Oder das magische Cape mit dem Mio es unsichtbar in Ritter Katos Burg schafte. Ein ganz linkes Buch, dieses "Mio, mein Mio".
Der Saal war überfüllt. Herr Lafontaine hatte schon begonnen. Rechts und links der Bühne waren Personenschützer postiert. Überall Linksparteiler und Menschen mit Alditüten. Lange verfilzte Haare und gelbe Zähne. Sie würden mich bei Zwischenrufen entfernen. Ich beschloss, mich zurückzuhalten. Herr Lafontaine sprach von Kräften, die zu bündeln seien, von den Grünen, die er - wie auch ich - für Idioten hält, von vermeintlich völkerrechtswidrigen Kriegen und vor allem von Geld. Er stellte die Vermögenssteuer und den Mindestlohn vor und ich wollte schreien und mir die Haare ausraufen beim Gedanken, an diese unverschämte Gängelung der Leistungsträger. Doch ich hielt mich zurück, nachdem ich sein Modell im Kopf gegengerechnet hatte.
Sollten tatsächlich zweitausend Milliarden bei den oberen zehn Prozent lagern? Was könnte man mit einer zusätzlichen Besteuerung alles fördern? Schulen vielleicht. Hat meine Putzfrau Anna nicht mindestens 7, 50 Euro für ihre Arbeit verdient? Und sind diese Menschen, die jetzt applaudieren nicht Teil unseres Volkes? Eines großartigen wohlhabenden deutschen Volkes. Alles wirr in mir.
Ich ging. Viele Linke klopften mir beim Hinausgehen auf die Schulter. Ich hatte es nicht bemerkt. An der Jacke trug ich ein einen großen Button mit Oskar Lafontaine darauf.
"Lafo rules" stand da. Ich befinde mich im Zweifel. Machen wir etwas falsch? Ich muss mit meinen Kameraden darüber sprechen...
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