25 August 2006

Das geheimnisvolle Pergament

Ich bin ja heimlicher Sammler bizarrer alter Texte. Welch unerwartetes Glück ereilte mich also vor kurzem, als ich in das bewegliche Vermögen eines Hörers zwangsvollstrecken lassen musste, weil er mir Kursgebühren in Höhe von beachtlichen 300 Euro über einen Zeitraum mehrerer Monate säumig geblieben war. Ich wollte den Staat natürlich nicht mit derartigen Lappalien behelligen und entsandte daher meine beiden getreuen Häscher Ali und Igor, die, beide eingedenk des staatlichen Gewaltmonopols, besagten Hörer durch ihre bloße imposante Statur dazu bewegen konnten, einige Kleinodien als Ersatz für die geschuldete Summe herauszugeben. Wem sich hier der Begriff der Ersatzvornahme aufdrängt, der hat natürlich beim Rep nicht richtig aufgepasst, es handelte sich um einen astreinen Fall der Annahme erfüllungshalber. Oder etwa doch an Erfüllungs statt?

Ich war allerdings ein wenig enttäuscht über den Schnickschnack, den Ali und Igor da ächzend in die mahagonigetäfelten Hallen von Müller Rep schleppten. Als ich aber solchen Unfug wie den Heiligen Gral und die Bundeslade gemäß den Bestimmungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes entsorgt hatte, stieß ich auf eine alte Pergamentrolle. Laut Herstellerangabe muss sie aus den Mooren der Schottischen Highlands stammen. Es schien sich um einen mythologischen Text zu handeln, und ich bin mir sicher, er wird mir zumindest ewige Jugend und kostenlose Schönfelder-Ergänzungslieferungen bescheren, wenn es mir nur gelingen kann, seinen versteckten Sinn zu decodieren. Ich werde mich wohl in die Eingeweide der sogenannten Neuen Philologischen Bibliothek begeben müssen, denn ich habe gehört, dort lässt es sich in grauer Tristesse recht gut arbeiten.

Da ich mich aber natürlich nicht eines Verstoßes gegen das Gesetz zur Bekämpfung des Unlauteren Wettbewerbes schuldig machen und so meinen guten Ruf als ehrlicher Halsab... äh, Repetitor riskieren will, sei hier nun den geneigten Lesern der Text im Originalwortlaut wiedergegeben:

"...and the skies split open and forth poured a steaming hot fountain of Kauderwelsch that splashed upon the happy boy and thus thoroughly invigorated him so that he became empowered to deliver himself from the mighty evils of antitrust law, smiting them back to the forbidden lands they hath been spawned from. Vade retro, the boy spake, and evil fled and henceforth freedom and gaiety encompassed all the realms who never ceased to praise the glories of the sartorious Kauderwelsch."
Kryptische Grüße von Ihrem werten

V. B. Müller

P.S.: Für Hinweise, die adäquat kausal zur Lösung des Rätsels führen, lobe ich eine kostenlose Viertelstunde Probehören aus beim neuen Müller Rep Intensivkurs "Neobyzantinistik im Spiegel höchstrichterlicher Rechtsprechung - gestern, heute, morgen".

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2 Comments:

At 8:25 PM, Anonymous Anonym said...

Die bevorstehenden Wahlen in unserem schönen Berlin nehme ich mir zum Anlass, eine, wie ich finde, wichtige Frage an VB-Müller diesbezüglich zu stellen.

Welche Partei wählt ein Repetitor?

Klar ist: Er hält sich bei seiner Entscheidung streng an die savinyischen Auslegungsregeln.

Dem Wortlaut zu Folge, müsste ein Repetitor seiner Berufsklasse nach, die Rep-ublikaner wählen.

Freilich etwas schwieriger wird es bei einer Auslegung nach der systematischen Stellung seiner Tätigkeit: Professor (c4-c3); Richter(BGH........Amtsgericht); Rechtsanwalt;Tagelöhner; Repetitor / (nach der Akzeptanz in der Bevölkerung, gemessen an der letzten Bundestagswahl) CDU; SPD; FDP; Grüne, müsste ein Repetitor demzufolge "die Grünen" wählen.

Leicht ist wieder die sog. historische Auslegung: Repetitoren sind grundsätzlich Freiberufler, und somit müssten Sie die FDP wählen.

Teleologisch betrachtet müsste ein Repetitor die Linkspartei wählen. Wieso?
Ist doch klar: SPD; CDU und ins. FDP sind tendenziell für die Öffnung des Arbeitsmarktes und fahren einen eher liberalen Kurs. Dieser Kurs enthauptet früher oder später das Rechtsberatungsgesetz. Warum sollte man aber Jura studieren, wenn man für die entsprechenden Tätigkeiten kein Rechtsanwalt mehr sein muss. Dies hat folgenden Effekt: weniger Jurastudenten-leichteres Examen-kein Repititorium-arbeitslose Repititoren.

Nun stellt sich die Frage welcher Auslegung Vorrang genießt. Auch dies ist einfach: Repititoren sind von Natur aus gierig, daher werden sie in erster Linie ihren Stand verteidigen. Somit wird ein Repititor contra legem dem telos folgen und, wer hätte es gedacht, die Linkspartei, wählen.


Für weitere Hinweise, von einem erfahrenen Repetitor, wäre ich sehr dankbar

Ges. Anonym

 
At 4:44 PM, Blogger Herr V. B. Müller said...

Weitere Hinweise bin ich natürlich überaus geneigt zu geben, aber gegen Bares, versteht sich. Rechtzeitig zu den Wahlen werde ich einen Intensivkurs anbieten - "Wählen, wie geht das, und was muss ich wählen, damit V. B. mich lieb hat?". Reservierungen nehme ich schon jetzt auf dem bekannten Wege entgegen.

Was das Wahlverhalten eines Repetitors anbelangt, da verbietet sich jedwede schematische Betrachtung, sondern es müssen alle Umstände des Einzelfalls in wertender Betrachtung berücksichtigt sowie gegen- und untereinander abgewogen werden.

 

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