09 Juli 2006

WM: A, B und C auf dem Kudamm

Hallo, ich bin es wieder, A der Examenskandidat. SIEG SIEG SIEG sage ich.

Dritter Platz? Nee, letzte Woche hat das Verwaltungsgericht Berlin das Mensahausverbot einstweilen aufgehoben. Sie erinnern sich bestimmt. Nach wochenlangem Ausweichen ins Zwölf Apostel darf ich jetzt wieder in der Mensa speisen. Auch mit dem Strafverfahren wegen der Mensageschehnisse geht es voran. Ein Bekannter von mir ist gerade Referendar bei der Staatsanwaltschaft. Er hat versprochen, die Akte bezüglich meiner Strafsache im Klo runterzuspülen. Wie einst Georg Heym, der große Dichter. Ich halte viel von ihm. Von Georg Heym, meine ich, nicht meinem Bekannten.

Bin mit B und C gestern noch auf dem Kudamm gewesen. Ich bin begeistert von den Deutschen Flaggen, die die Straßen säumen. Aber diese Ausgelassenheit. Sie ist nicht begründet. Es gibt einfach nichts dazwischen. Nichts außer den WM Titel zu feiern oder die Pistole an den Kopf zu setzen. Jürgen Klinsmann sollte das auch beherzigen.

Wir haben verloren, warum also, streuen wir Sand in unsere eigenen Augen?
Nach der ersten Hälfte des Turniers sprach ich mit jemandem. Der mahnte an, wie es nach der WM Euphorie weitergehen solle mit dem Land. Meine Vorschläge sind bekannt.

B wäre auf dem Kudamm beinahe festgenommen worden. Er filmte mit seiner Digitalkamera eine Zivilpolizeiaktion in unmittelbarer Nähe. Vielleicht besprachen sie sich auch nur, es waren ungefähr sechs Beamte. B wurde jedenfalls unter Anwendung unmittelbaren Zwangs gebeten, mitzukommen. Ich hoffte, sie würden den Trunkenbold B entfernen und die Kamera zerstören, denn es sind auch kompromitterende Bilder von mir darauf. Die Polizei handelt in Berlin ja bekanntermaßen nahezu stets rechtswidrig. B faselte etwas von Presseausweis und Artikel 5 Grundgesetz. Da sind sie zurückgekuscht und haben ihn mitsamt der Kamera freigelassen. Irgendein Prädikatsjurist muss ihnen beigebracht haben, das Ermessen richtig auszuüben. Ich werde B vor dem Examen ausschalten müssen. Der Mann ist ein gefährlicher Konkurrent, so wie er sich mit dem Grundgesetz vor den Häschern gerettet hat.

Wäre Georg Heym gestern da gewesen, er hätte die richtigen Worte gefunden:

Der Mond tritt aus der gelben Wolkenwand.
Die Irren hängen an den Gitterstäben,
Wie große Spinnen, die an Mauern kleben.
Entlang den Gartenzaun fährt ihre Hand

In offnen Sälen sieht man Tänzer schweben.
Der Ball der Irren ist es. Plötzlich schreit
Der Wahnsinn auf. Das Brüllen pflanzt sich weit,
Daß alle Mauern von dem Lärme beben.

Mit dem er eben über Hume gesprochen,
Den Arzt ergreift ein Irrer mit Gewalt.
Er liegt im Blut. Sein Schädel ist zerbrochen.

Der Haufe Irrer schaut vergnügt. Doch bald
Enthuschen sie, da fern die Peitsche knallt,
Den Mäusen gleich, die in die Erde krochen.

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3 Comments:

At 1:40 PM, Anonymous Anonym said...

vk...danke für die Schilderung...allerdings ging die Geschichte in Wahrheit doch ein wenig anders...da war nichts mit Zurückkuschen o.ä. als ich mich auf die Pressefreiheit berief. Vielmehr wollten die energischen Männer in Grün meinen Presseausweis sehn (den ich...mmmh..leider nicht dabei hatte :). Rausgekommen aus dem doppelten Nelson (naja, fast) bin ich erst, als ich die entsprechende Filmsequenz vor den Augen der Beamten gelöscht habe.

Daher war ja eigentlich meine Anfrage für die hier ge- und versammelte juristische Kompetenz: macht es wirklich einen Unterschied, ob ich von der Presse bin oder nicht, wenn ich öffentlich ablaufende Szenen (wie die eines Polizeizugriffs) filme? Darf das einen Unterschied machen? Warum sollte der Typ von der BZ filmen dürfen, ich aber nicht??? Oder haben mich die Freunde&Helfer einfach nur (erfolgreich) eingeschüchtert???

Falls jemand ne Meinung dazu hat oder sogar wirklich was weiss: mich würds interessieren tun ;)

Gruss, B

 
At 11:24 AM, Anonymous Anonym said...

"Wo ist er denn, der Gott der Stadt?! WO!" Sabber spritzt aus dem aufgerissenen Maul des alten Mannes auf das eingeschüchterte Mädchen in der ersten Reihe. Verstört schaut sie in die wilden, besessenen Augen dieses sogenannten Pädagogen, der ihr mithilfe von Trivialität deutsche Lyrik nahebringen will. Oder einfach nur ihren Willen brechen und Verstand auslöschen, die Grenzen verlaufen bei dem Alten fließend.
"Auf dem Dach natürlich, der Gott der Stadt SITZT AUF DEM DACH!" brüllt der Alte nach einer peinlich langen Kunstpause, der er den Anschein verleihen wollte, dass sie eine Gelegenheit für das eingeschüchterte Mädchen sei, den Inhalt der entsprechende Zeile des Gedichtes vorzutragen.
Ebenso wie manche Menschen bis ins hohe Alter glauben, sie wären zum Pädagogen berufen, versuchen manche bis ins hohe Alter, Jurist zu werden. Erst heute habe ich aus verlässlichler Quelle von einem Studenten gehört, der sich im zarten Alter von 28 Jahren während der Klausuren seines letzten Versuches aus dem Fenster gestürtzt hat! Der Freund des Bekannten eines Bruders eines Kommilitonen war dabei. Und dessen Schwester! Stell sich das mal einer vor.
Ich selbst rate ja dazu, rund 500 Probeklausuren zu verfassen. Es geht natürlich auch anders, ich habe keine einzige angefertigt und dennoch... meine Note bekommen.
Iura novit curia.
Har har-
Ihr werter Herr V. B. Müller

 
At 9:50 PM, Blogger vk26 said...

Von Herrn Müller wäre ja mal eine Stellungnahme zu diesem schönen juristischen Problem zu erwarten gewesen, das sich übrigens in ähnlicher Form in Prof. Bonz...äh Sodans Buch findet.

Was B hier wiederfahren ist, ist demnach top klausurrelevant.

Es gilt wohl: Fotographieren und Filmen darf jeder, nur was die Presse macht ist verfassungsrechtlich viel schützenswerter. Bilder dürfen nicht ohne Einwilligung des Betroffenen veröffentlicht werden, wenn er darauf individualisierbar ist. Über absolute/relative Personen oder Ereignisse der Zeitgeschichte braucht man bei den Beamten, die da rumstanden nicht reden. Grundsätzlich hat man ein Recht am eigenen Bild. Problem könnte hier sein, ob die Beamten ihr privates Persönlichkeitsrecht mit den Mitteln des Polizeirechts durchsetzen durften oder vielleicht vielmehr ein privatrechtliches Selbsthilferecht in Betracht kommt. Eine drohende Verletzung des Staates und seiner Einrichtungen scheidet auch aus, da nicht zu befürchten stand, dass die ohnehin nicht phantomhaft auftretenden Beamten für zukünftige Einsätze enttarnt würden. Zumal auch nicht mit einer Veröffentlichung der Bilder zu rechnen war. Also: Allet rechtswidrig... :)
Prof. Schwemer, was sagen Sie?

 

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