30 Juli 2006

A, B und C: Der Umzug

Irgendetwas ist schief gelaufen.

Mein Plan, mir B und C als meine Lakaien bei Bedarf zu Nutze zu machen, hat sich ins Gegenteil verkehrt. Als gewissenhafte Examenskandidaten verbringen wir im Moment nahezu den gesamten Tag in der Bibliothek und notgedrungener Weise auch die wenigen Pausen gemeinsam. Das Mittagessen in der Mensa nehme ich ebenfalls zusammen mit B und C ein.

Ich komme aus sehr gutem Hause, da ist es nur verständlich, dass beide, obwohl sie selbst auch nicht eben aus ärmlichen Verhältnissen stammen, zu mir aufsehen und versuchen, sich durch Gefallen meiner Gunst zu versichern. Kleine Dinge. Sie halten mir Fach und Platz in der Bibliothek frei, wenn ich später dran bin und alles mit unsäglichen Langzeitstudenten belegt ist, sie stellen sich auch mal in die Schlange, um Bücher für mich auszuleihen. B hat mir einmal Kaffee und Aspirin geholt und durfte sogar das Wechselgeld behalten.

Jedenfalls fragt mich C neulich tatsächlich, ob ich am Sonntag zu seinem Umzug kommen würde. Er verlässt das Haus seiner Eltern, welches auch wirklich nicht berauschend war, um in eine Wohnung in Dahlem, nahe der Uni zu ziehen. Sehr hell und ruhig dort, mit Garten, meint der Makler. C sagte mir, er hätte Ukrainer bestellt, die würden alles tragen. Wir bräuchten sie nur zu beaufsichtigen, es gäbe kühle Getränke, Ukrainer seien lohnmäßig die neuen Polen, aber das brächte nunmal auch die bekannten Nachteile mit sich. Also lieber alles selbst überwachen.

Ich bin da gewesen. B auch und D, ein Bekannter von C. Die Ukrainer kamen zu spät und verlangten, als sie Cs Möbel unter unserer Aufsicht mehr schlecht als recht in ihren Wagen verladen hatten, einen viel zu hohen Vorschuss. Ganz unverschämt. C verwies auf die schlampige Arbeit und ich pflichtete bei, dass sie ohnehin keinen Anspruch auf den Lohn hätten, da Schwarzarbeit verboten sei. Nix Vertrag! Bei sowas kann ich nicht ruhig bleiben.

"Wärrk-unterrnähmer-Pfandrächt" erwiderte einer der Ukrainer und zeigte auf den Transporter mit Cs Möbeln. C zahlte den Vorschuss. An seiner neuen Wohnung angekommen schmissen die Ukrainer die Möbel aus dem Wagen und fuhren davon. C sagt, er habe sich das Kennzeichen gemerkt.

Ich bebte innerlich, dass ich mit B, C und D die Möbel in den dritten Stock schleppen musste, nur weil ich nicht rechtzeitig das Handy am Ohr hatte, um eine andere Verabredung vorzuschieben. Man muss schon die Etiquette wahren.

Mein Polohemd habe ich dabei völlig durchgeschwitzt. Es war doch irgendwie erregend.

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26 Juli 2006

Ferien für immer

So mancher Bloggerkollege hat sich bereits in den Sommerurlaub verabschiedet und lässt uns - in dieser weltpolitsch extrem kritischen Phase - mit unserer eigenen Meinungsbildung allein. Viele Leser werden zu Spiegel Online abwandern, auf Henryk M. Broder hören und wohlmöglich sogar eine private Altersvorsorge (im Springer Jargon gerne auch "Volksrente" genannt) abschließen, denn die Linkspartei macht Urlaub in Lafos Luxusdatscha und bedient uns nicht mit richtigen Infos. (Obsiegt am Ende gar die heiße Lucy von den WASG Spaltern bei der Wahl?)
Ganz anders jedenfalls der Verfasser des hießigen Blogs. Urlaub ist mir gänzlich unbekannt so kurz vor dem Examen. Die Stille seit dem letzten Post erklärt sich einzig durch enormen Fleiß. Es kann gerne auch noch wärmer werden; der eisige Klimaanlagenwind in Sir Norman Fosters hirnartig geformter Bibliothek macht die Stunden konzentrierten Lernens zu einem langnesemäßigen Genuss! Ganz ohne Ironie: Wir können es packen, das Examen. Wir schaffen es. Von wegen apokalyptische Töne, die der geschätzte V.B.Müller hier in einem Kommentar ansprach, und der nun jeden Tag beim Warten auf aktuelle Nachrichten vom Türhüter eben diese anzustimmen geneigt ist. Kopf hoch. Wir, das sind übrigens die ca. 1500 Menschen, die sich gerüchtehalber für die kommende Examenskampagne angemeldet haben. Wir alle bitten um Eintritt in das Gesetz. Und wenn wir den erhalten nach all den Jahren; das wären doch Ferien für immer.

P.S.: Vote Lucy!

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12 Juli 2006

"Auf Lücke lernen"

Neues aus der Rubrik Lerntaktiken fürs Examen. "Auf Lücke lernen" erfreut sich in Zeiten von immer krasser wucherndem Prüfungsstoff bei gleichzeitig stetig abnehmender Zeit, zunehmender (!) Beliebtheit.

Es ist eigentlich ganz einfach. Hat man extrem viel zu lernen, aber keine Zeit alles anzugucken und zu verstehen (!), lässt man einen Teil einfach weg, ja verdrängt ihn gleichsam liebevoll. Man könnte auch sagen: Man lernt gar nicht oder nur etwas. Vor allem in der Juristerei ("da lern ick doch lieber Telefonbüchers auswendig") schwören selbst gestandene Professoren auf die Methode des Lückenlernens.

Der Bereich Sachenrecht wird gern auf den Lückenplatz geschoben. In seinen Grundzügen recht eingängig und stur chronologisch abzuwickeln (wer hatte das Auto zuerst, wer hat es wem dann wann "verkauft") erweist sich das Sachenrecht dem Examenskandidaten dann doch recht schnell als unfassbar abartige Materie, für die einfach kein Verständnis aufgebracht werden kann.

Wer das Recht an beweglichen Sachen über die Grundzüge hinaus versteht, muss schlichtweg geistesgestört sein.

Wer darüberhinaus noch auf einen Fall draufgucken kann, in dem es z.B. darum geht, wem die Drahtglasdachkacke nach der fünfundzwanzigsten Übereignung gehört und dann die Wertungen der §§ 933, 934 BGB oder § 986 BGB auch noch anwenden kann, dem ist nicht mehr zu helfen.

Wie gesagt, die "Wertungen", die sich aus dem unveränderlichen Gesetzestext irgendwann, nachdem man verstanden hat, herauslesen lassen, die aber nicht dastehen, müssen noch auf den Fall angewendet werden.

Heißt es doch eigentlich stets, dass vor dem Verstehen das Lesen kommt, so gilt besonders im Sachenrecht, dass nach dem Verstehen, das richtige Hineinlesen kommt. Problematisch wird es, wenn es bereits am ersten Lesen oder dann am Verstehen scheitert...

Dann schlagen wir betroffen, das Gesetze zu, und alle Fragen offen.

Lücke lernen angesagt.

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09 Juli 2006

WM: A, B und C auf dem Kudamm

Hallo, ich bin es wieder, A der Examenskandidat. SIEG SIEG SIEG sage ich.

Dritter Platz? Nee, letzte Woche hat das Verwaltungsgericht Berlin das Mensahausverbot einstweilen aufgehoben. Sie erinnern sich bestimmt. Nach wochenlangem Ausweichen ins Zwölf Apostel darf ich jetzt wieder in der Mensa speisen. Auch mit dem Strafverfahren wegen der Mensageschehnisse geht es voran. Ein Bekannter von mir ist gerade Referendar bei der Staatsanwaltschaft. Er hat versprochen, die Akte bezüglich meiner Strafsache im Klo runterzuspülen. Wie einst Georg Heym, der große Dichter. Ich halte viel von ihm. Von Georg Heym, meine ich, nicht meinem Bekannten.

Bin mit B und C gestern noch auf dem Kudamm gewesen. Ich bin begeistert von den Deutschen Flaggen, die die Straßen säumen. Aber diese Ausgelassenheit. Sie ist nicht begründet. Es gibt einfach nichts dazwischen. Nichts außer den WM Titel zu feiern oder die Pistole an den Kopf zu setzen. Jürgen Klinsmann sollte das auch beherzigen.

Wir haben verloren, warum also, streuen wir Sand in unsere eigenen Augen?
Nach der ersten Hälfte des Turniers sprach ich mit jemandem. Der mahnte an, wie es nach der WM Euphorie weitergehen solle mit dem Land. Meine Vorschläge sind bekannt.

B wäre auf dem Kudamm beinahe festgenommen worden. Er filmte mit seiner Digitalkamera eine Zivilpolizeiaktion in unmittelbarer Nähe. Vielleicht besprachen sie sich auch nur, es waren ungefähr sechs Beamte. B wurde jedenfalls unter Anwendung unmittelbaren Zwangs gebeten, mitzukommen. Ich hoffte, sie würden den Trunkenbold B entfernen und die Kamera zerstören, denn es sind auch kompromitterende Bilder von mir darauf. Die Polizei handelt in Berlin ja bekanntermaßen nahezu stets rechtswidrig. B faselte etwas von Presseausweis und Artikel 5 Grundgesetz. Da sind sie zurückgekuscht und haben ihn mitsamt der Kamera freigelassen. Irgendein Prädikatsjurist muss ihnen beigebracht haben, das Ermessen richtig auszuüben. Ich werde B vor dem Examen ausschalten müssen. Der Mann ist ein gefährlicher Konkurrent, so wie er sich mit dem Grundgesetz vor den Häschern gerettet hat.

Wäre Georg Heym gestern da gewesen, er hätte die richtigen Worte gefunden:

Der Mond tritt aus der gelben Wolkenwand.
Die Irren hängen an den Gitterstäben,
Wie große Spinnen, die an Mauern kleben.
Entlang den Gartenzaun fährt ihre Hand

In offnen Sälen sieht man Tänzer schweben.
Der Ball der Irren ist es. Plötzlich schreit
Der Wahnsinn auf. Das Brüllen pflanzt sich weit,
Daß alle Mauern von dem Lärme beben.

Mit dem er eben über Hume gesprochen,
Den Arzt ergreift ein Irrer mit Gewalt.
Er liegt im Blut. Sein Schädel ist zerbrochen.

Der Haufe Irrer schaut vergnügt. Doch bald
Enthuschen sie, da fern die Peitsche knallt,
Den Mäusen gleich, die in die Erde krochen.

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05 Juli 2006

WM: Alles ist vorbei!

Seit gestern ist alles aus. Der schnelle Tag ist hin. Die Nacht schwingt ihre Fahn. Wochenlang hatte uns die WM verfolgt und auch die Examensvorbereitung ein fürs andere mal empfindlich gestört. Wie eine fußfesselnde Eisenkugel im Knast schleppten wir den Fußball tagsüber durch die Bibliotheken, Vorlesungen und Klausurbesprechungen. Und da aufgrund des zentnerschweren Betonballes stets drohte, dass man nicht rechtzeitig zum Anstoß am Fernseher erscheinen würde, musste der Lernplatz verständlicherweise schon ein paar Stunden früher verlassen werden. Ach, es war schön mit dem Ball am Fuß. Jetzt haben wir verloren und doch gleichsam unsere Beinfreiheit wieder gewonnen. Die Kugel am Fuß ist weg. Wir trocknen die Tränen, aber Phantomschmerz stellt sich ein. Wir werden mit dem Ergebnis versöhnt werden. Es folgen die letzten Monate zum Examen und, wie auch im Fußball, gilt: Laß, höchster Gott, mich doch nicht auf dem Laufplatz gleiten!

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