20 August 2006

Was bedeutet das alles?

Oft fragen mich meine ahnungslosen Schäfchen bei Müller Rep: "V. B., was bedeutet das alles?"
Ich lasse mich natürlich gerne mit meinem Vornamen ansprechen, das suggeriert eine lockere Kumpelhaftigkeit, die bestens verschleiert, dass ich die Dumpfbacken nur aussaugen will und ihnen für ihr Geld lediglich eine billige Show biete, bloße Unterhaltung also.

Genaugenommen, so billig ist die Show auch wieder nicht. Jeder der Hörer könnte mit der Kohle, die er für zwei Stunden Müller Rep hinlegt, genau so gut ins Kino gehen. Aber nein, sie kommen alle zu mir und schauen mich aus großen Augen hoffnungsvoll an, hängen an meinen Lippen und saugen den ganzen Quark, der da hervorquillt, begierig auf.
Fairerweise müsste ich ihnen wenigstens die kleine BGB-Bibel von D. Medicus vorlesen, aber das wäre zu einfach. Stattdessen verwirre ich sie lieber ab und zu, indem ich zur Lösung meiner Zivilrechtsfälle Generalklauseln aus dem taiwanesischen Gesellschaftsrecht heranziehe.

Als also vergangene Woche mal wieder diese lächerlich puerile Frage eines einfältigen Hörers unvermittelt in die letzten dreißig Minuten heiligen Schweigens, mit denen ich jede Müller Rep Vorlesung zu beenden pflege, hereinschallte, wusste ich, der formvollendete, professionelle Bluffer, mit einem müden Lächeln und ein paar leeren Phrasen überzeugend zu reagieren:
"Was das alles im allgemeinen bedeutet, das hat schon Thomas Nagel nicht richtig beantworten können. Was das hier im besonderen bedeutet, nun ja... Das sind Gedanken, die sollten Sie sich jetzt nicht machen. Es verwirrt nur, zu überlegen, was man mit dem ganzen Mist, den Sie sich tagaus, tagein ins Hirn stopfen, mal anstellen wird. Im Grunde ist es nur eine Art Geduldsspiel. Wie später die Gerichtsverhandlungen. Die dauern auch immer ewig. Und wissen Sie was, am Ende entscheidet ja doch der Richter! Es läuft wohl darauf hinaus, dass sie mit Kreditsicherungsrecht gequält werden, damit sich Ihre kleinen Gehirne dergestalt entwickeln, dass Sie später im Referendariat sich die extrem komplexen Ganganordnungen in diesem Moloch, der sich Kriminalgericht Moabit schimpft, werden einprägen können, um dem Staatsanwalt Kaffee in die Verhandlung zu bringen. Einverstanden?"

Mit dieser Antwort vollauf befriedigt und einem dankbaren, seligen Lächeln auf dem pausbäckigen Gesicht drückte mir der Dussel dann den Fünfeuroschein in die Krallen, den ich immer verlange, wenn ich mein geheimes Herrschaftswissen preisgebe. Denn was nicht auf dem Kursplan steht, das kostet natürlich extra.

Und wissen Sie, was die Pointe ist? Es gibt gar keine Generalklauseln im taiwanesischen Gesellschaftsrecht!

Ein saftiges har har har von Ihrem
V. B. Müller

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3 Comments:

At 11:55 PM, Anonymous Anonym said...

Ich kann Herrn Müller nur beipflichten und betone in diesem Sinne ausdrücklich:

Die Grenzen meines Examens sind die Grenzen meiner Welt!

Das bedeutet es.

 
At 9:55 AM, Blogger Herr V. B. Müller said...

Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

 
At 9:56 AM, Blogger Herr V. B. Müller said...

glücklicherweise gibt es ja sogar zwei examina, so dass man unter nutzung von verbesserungs- und wiederholungsversuchen noch prima die zeit bis zum selbstmord pünktlich zum 30. geburtstag ausfüllen kann. heissa und hurra der deutschen juristenausbildung!

 

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