24 September 2006

Rechtsgeschichte

Habe gerade im Zuge meiner unfreiwilligen Beschäftigung mit Wohnraummietrecht den Mietvertrag meines Opas aus dem Jahre 1955 vor der Nase. Selten bei Jura so gelacht. Vielleicht hätte ich doch Wahlfach Rechtsgeschichte nehmen sollen. Zu spät.

Für 3 Zimmer, 1 Küche, 1 Bad mit Klosett (!) wird der Mieter da zur Zahlung eines Mietzins von 78, 30 DM (Kaltmiete) verpflichtet.

Ein Vermietertraum aus Wirtschaftswunderzeiten ist diese Klausel:
Zahlt der Mieter den Mietzins nicht innerhalb der angegebenen Fristen, so ist der Vermieter berechtigt, die sofortige Räumung der Mieträume zu verlangen und dieselben sofort anderweitig zu vermieten
Auch der Mieter darf sich ein bißchen freuen:
Nach Räumung der Wohnung hat der Mieter dem Vermieter die Wohnung besenrein (!) mit sämtlichen Schlüsseln persönlich zu übergeben, um etwaige über die normale Abnutzunghinausgehende Beschädigungen festzustellen und die Kosten für deren Beseitigung zu vereinbaren.
Schön auch das hier:
Mieter verpflichtet sich, alle durch ihn, seine Hausgenossen, Bediensteten, Untermieter, Arbeiter, Haus- oder Zugtiere entstandenen Schäden im oder am Hause zu beseitigen, gleichviel, ob ihn ein Verschulden trifft oder nicht.
Das Blumengießen ist nur von 23 Uhr abends bis 7 Uhr morgens gestattet.
Musikstudium darf ohne schriftliche Genehmigung des Vermieters im Hause nicht getrieben werden. Dies gilt auch für das Halten von Haushunden.
Mietminderung? Denkste, Puppe:
Für Betriebsstörungen in der Heizanlage, der Warmwasserbereitung, des Fahrstuhls, der elektrischen und Gasleitung, sowie der Hausbeleuchtung kann der Mieter weder Nachlass der Mieter noch sonstigen Ersatz fordern.
Sollte der vertragsgemäße Gebrauch der Räume durch Mängel beeinträchtigt werden, so steht dem Mieter ein Recht zur Minderung des Mietzinses nur zu, wenn dieser die Beeinträchtigung arglistig verschuldet hat.
Der Großteil des Vertrages dürfte das Papier nicht wert sein, auf dem er steht. Allerdings ist das Papier aus den 50er Jahren, weshalb ein Antiquitätenhändler vielleicht doch was dafür springen lässt.

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4 Comments:

At 9:38 AM, Anonymous Anonym said...

Das Blumengießen ist nur von 23 Uhr abends bis 7 Uhr morgens gestattet.

Ist das besser für die Blumen oder wie? :)

 
At 12:17 PM, Blogger vk26 said...

Eine berechtigte Frage. :-) Den Schöpfer dieses Vertrages werden wir wohl nicht mehr fragen können, da er wahrscheinlich schon die Blumen von unten anguckt.

Sicher geht es dabei um Passanten, die in Berlin ja bekanntermaßen nach 23 Uhr auf der Straße nicht mehr anzutreffen sind und daher nicht vom Balkon naßgemacht werden können. Dass in der Wohnung meines Opas kein Balkon vorhanden ist, ignoriere ich einfach mal.

Opfer von Wasserfontänen könnten ja schließlich auch die diversen Zugtiere in der Wohnung werden, die sich aber nach 23 Uhr glücklicherweise bereits auf ihren Strohhaufen im Wohnzimmer gebettet haben. Da kann also nichts anbrennen..ähh...naßwerden.

 
At 9:52 PM, Anonymous Anonym said...

Der Vertag ist, wie jeder auf den ersten Blick sieht, null und nichtig! Vielleicht sollte dein Opa einfach mal die Miete nicht zahlen. Dann müsste der Vermieter ersteinmal eine Anspruchsgrundlage für den Mietzins finden. § 812 I S.1 wäre wahrscheinlich die richtige, da dein Opa Aufwendungen erspart hat, kann er sich sicher nicht auf die Entreicherung berufen. Dies führt dann dazu, dass bemessen an den heute üblichen Zins, er mehr bereicherungsrechtlich herausgeben müsste, als er aus dem nichtigen Vertrag verpflichtet wäre. Dieses Ergebnis ist unbefriedigend. Viehweg vertritt deshalb die Lehre des Vorrangs des Altvertrages, nach dieser Lehre ist der alte Miezins Besmessungsgrundlage für den bereicherungsrechtlichen Wertersatzanspruch. Ich neige dazu, mich dem anzuschließen.

 
At 10:19 PM, Blogger vk26 said...

Interessant! Ich mag dem jedoch nicht folgen. Die Rechtslage scheint mir in besonderem Maße unklar. :) Ich denke, es gilt das BGB!

 

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