27 Juni 2006

Beim Türhüter: Die Meldung zum Examen

Es ist soweit. Bereits am 19.6 hatte die Anmeldefrist fürs Erste Staatsexamen zu laufen begonnen. Heute habe ich es gewagt und bin beim Justizprüfungsamt alias 'Der Türhüter' vorstellig geworden. Ein schwerer Gang, denn Eintritt in das Gesetz ist bekanntlich nicht zu erwarten. Schon der unterste Türhüter bei der Anmeldung scheint unüberwindbar.

Beim Türhüter. Kolosseumartiger Bau, eine Synthese zwischen Gediegenheit der Kaiserzeit und dem anbrechenden Fortschritt unserer technisierten Welt (türhüterisches Eigenlob). Innen: vor allem Gänge, ein wirres Treppensystem, knarzende Holzdielen. Das Phantom der Oper lebt sicher noch hier.

Ein Erste Hilfe Raum. Dann ein Gang. Menschen stehen in einer Reihe an die Wand gelehnt. Sie warten, hündisch ergeben, vor einer Tür. Gegenüber zwei Tafeln: Voraussetzungen Brandenburger Recht, daneben auf der anderen, Berliner Recht. Eine Menüabfolge, gleich zweier Speisekarten, nur dass man selbst das Essen ist.

Ein dicker schwitzender Mann mit Brille und Aktenkoffer kommt vorbei, das Sakko über die Schultern gelegt wie ein Umhang, ein königlicher Hermelin. Er verschwindet in der Tür zum Vorraum. Das ist wohl einer der oberen Türhüter. Weitere Schilder weisen zu Säalen A, B, D, H. Was dort wohl vor sich geht?
Vielleicht besorgen ja eine ganz einzigartige Rohrpostanlage sowie verschiedene Aktenaufzüge den Aktenverkehr innerhalb des Gebäudes, geschickt durch die hölzernen Gesimse getarnt.

Nun trete ich tatsächlich in den Raum. Der Türhüter bittet mich Platz zu nehmen.
Rechts neben mir ein armer Tor. Ein anderer Türhüter sagt, so könne er den Lebenslauf nicht abgeben. Schule, Studium reiche nicht. Er wird immer noch bei dem mächtigen Türhüter sitzen, als ich schon als Akte im Schrank hänge.

Ich werde Stück für Stück erfasst. Scheine, Studienbuch, und...

..Praktikum? "Ham Se auch mehr gemacht." "Fast 16 Wochen", sage ich schwitzend. "Im BMVEL?" (Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft) "In Bonn?" "Nein, in Berlin." Ich will gerade einwerfen, dass das Ministerium nach Merkelschem Erlass jetzt BMLEV heißt (wegen Schwerpunkt Landwirtschaft) aber verkneife es mir, denn der Türhüter legt los:

"Meene Freundin ist ooch gerade im BMVEL. Neulich flog sie nach Bonn, "was holen"." Er erwähnt Steuerverschwendung. Wer zahlt wohl Dein Gehalt, frage ich mich.
"Verteidigungsministerium versteh ick ja, da is ja der Militärflughafen bei Bonn."
Ich halte alles für einen ausgefuchsten Plan des Türhüters, doch freue und unterwerfe mich, berichte von Videokonferenzen mit Bonn, obwohl ich im BMVEL nie bei einer zugegen war. "HLX hat Billigflüge", erwidere ich jetzt noch mutig, aber es sei schon verrückt, stimme ich dem Türhüter zu.

Meine Papiere wandern in eine Akte. Hätte es nicht vom Nebentisch gekreischt, es wäre herrlich gewesen.

"Im September hören Sie von uns". Ich verlasse gebeugt den Raum. Ich konnte den Glanz des Gesetzes spüren. Ich werde um Eintritt in das Gesetz flehen. Der Flur ist eisig, als ich aus der Tür trete. Ob im Winter geheizt sein wird?

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4 Comments:

At 10:34 AM, Anonymous Anonym said...

Kalt sind die Gänge des JPA, besonders im Winter. Nur Ende September erwärmen sich die frostigen Räume für wenige Wochen, wenn hunderte kleiner warmer Körper sich wie Ratten in das verkommene Gebäude ergießen und die Luft nicht nur mit der Abwärme ihrer verzweifelt ratternden Hirnmaschinchen anheizen, sondern auch süßlich in die Gegend transpirieren. Wehe wehe, wenn ich auf das Ende sehe.

-Jürgens, nunmehr Referat IIIc

 
At 12:14 AM, Blogger vk26 said...

Ah, Herr Jürgens vom Gnadenwesen. Kann ich schon jetzt ein Gnadengesuch einreichen oder muss ich damit bis nach den Prüfungen warten?

Muss ich ein Enblem auf Ihrem Gewand küssen und niederknien oder reicht ein formloser Antrag?!

 
At 1:16 PM, Anonymous Anonym said...

Gewand? Ich arbeite natürlich nackig, junger Mann. Was Sie da küssen müssen, dürfen Sie sich mit den allerfinstersten Buntstiften ausmalen. Ich habe aber keine Zeit für solcherlei Bestechungsversuche, ich schreibe gerade an meinem weltverändernden Aufsatz "Die Strafbarkeit von Antworten auf blogs im Lichte von APR, IPR, JPA, RAF und FDP".

 
At 1:35 PM, Anonymous Anonym said...

nackig? ha! genug der liderlichkeiten, hier liegt doch offensichtlich ein fall der namenstäuschung vor! ja sieht das denn keiner?!

 

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